02 HISTORIE Gfeller von Sachsengrün, Böhmen

GFELLER VON SACHSENGRÜN / KFELIR ZE ZAKSOVA



Sachsengrün (Zaksov) ist 6 km westlich von Duppau (Doupov) gelegen, und genau wie dieses Städtchen, sind beide Orte heute Wüstungen in einem Truppenübungsplatz im Kreis Karlsbad/Karlovy Vary. Dort hat eine Festung existiert, die die Gfeller von Sachsengrün erbaut haben. Unter Johann von Luxemburg, König von Böhmen zwischen 1311 – 1346, wird als erster seines Geschlechts 1318 Nikolaus angeführt; in den Jahren 1355 – 1364 Erhart und Wilhelm Gfeller von Sachsengrün, weitere Mitglieder der Familie bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Adam Gfeller verkauft dann die Festung, den Meierhof und das Dorf Sachsengrün um 1540 an die Grafen Schlick. Diese fügen Sachsengrün ihrer Herrschaft Duppau bei[1].

Im Jahre 1472 erwerben die Gfeller das Rittergut Alt-Seitlitz (Staré Sedliště) bei Tachau im Kreis Pilsen, südlich von Marienbad (Mariánské Lázně), da Sigmund Wilhelm dort zeitgleich Gouverneur des Königs in Tachau wird, eine der kleinsten Städte an der sogenannten „Goldenen Straße“ von Nürnberg nach Pilsen. Die Bürger der Stadt Tachau haben ihre eigene städtische Gerichtsbarkeit, die ihnen bereits der oben erwähnte König Johann von Luxemburg am 5. Juli 1337 bestätigt hat.

In Pürglitz (Křivoklát) in Mittelböhmen, mit einer ebenfalls stark ausgebauten Burg der böhmischen Könige, findet sich 1472 Georg Gfeller als Offizier. Adam Gfeller um 1500 ist schließlich Richter des Tachauer Kreises und Gouverneur in der Stadt Haid (Bor u Tachova)[2]. Wahrscheinlich um 1560 wird erneut ein Sigmund Gfeller genannt und es kann davon ausgegangen werden, dass die Gfeller von Sachsengrün – wie die meisten Adeligen der Landstände Böhmens – protestantisch geworden sind.

1584 erwirbt der Schreiber der Stadt Tachau, Andreas Tušner, Bernetzreith, wo er die alte Festung im Renaissancestil umbauen lässt. Sein Sohn Georg Adam Tušner verkauft dann 1612 Schloss und Dorf Bernetzreith (Pernolec), etwa 5 km südwestlich von Tachau, an Johann Georg Adam Lochner von Palitz auf Teschau (Těšov) und Schönficht (Smrkovec), Kreis Eger[3] – verehelicht mit Sabina Gfeller von Sachsengrün (siehe: 01 LVP STAMMBAUM) .



Die „priviligierte Bergstadt“ Schönficht (Smrkovec) im Egerer Kreis

Schönficht (heute Wüstung) war einst zusammen mit Teschau (Těšov), Miltigau (Miltikov) und Krottensee (Mokřina) ein Lehen der Landgrafen von Leuchtenberg in der Oberpfalz, das 1542 von den Grafen Schlick dem Burggrafen von Meißen, Heinrich IV. von Plauen, abgekauft worden ist. Es gehört erst zur Herrschaft von Königsberg an der Eger (Kynšperk nad Ohří), danach zur Herrschaft von Elbogen (Loket) und schließlich von Miltigau.
Es handelt sich um sogenannte „Elbogner Steinlehen“.


Sein Schwiegervater, Johann Wilhelm Gfeller von Sachsengrün auf Alten-Seitlitz (Staré Sedliště), Landrichter von Tachau um 1581, erwirbt am 26.7.1615 Bernetsreith für 4.000 Schock Meissner Groschen und 50 Dukaten Schlüsselgeld[4], um es an seinen Sohn Wilhelm Gfeller 1617 als Ansitz weiterzugeben. Ein weiterer seiner Söhne namens Johann Heinrich Gfeller, verheiratet mit Amalie Barbara Mulz von Waldau zu Trauttenberg[5], erhält ebenfalls im Jahre 1617 weiteren Eigenbesitz des Geschlechts: das Dorf Dreihöfen (Třidvoři). Johann Wilhelm stellt seinen Untertanen am 8.5.1591 in Schossenreith (Částkov u Tachova), und am 2.2.1608 denen der Gemeinde Groß-Gropitzreuth (Velký Rapotín), sogenannte „Freibriefe“ aus[6].

Schloss Bernetzreith bei Tachau

Foto von Čestmír Boukal (Tschechien) im Juni 2011
https://www.hrady.cz/tvrz-pernolec-tachov






Der Protestant Johann Wilhelm Gfeller von Sachsengrün ist Teilnehmer der Schlacht am Weißen Berg 1620, wie viele seiner Standesgenossen, die von den katholischen Habsburgern gewonnen wird. Kaiser Ferdinand II. hat dies gleichzeitig als anti-habsburgische Verschwörung gegen ihn als Regenten wahrgenommen, so dass er eindringlich die Konfiskation der Güter der böhmischen Protestanten vorantreiben wird. 1623 wird Johann Wilhelm Gfeller von Sachsengrün dazu verurteilt, ein Drittel seines Eigentums zu verkaufen: und zwar von seinen Gütern zu Alt-Seitlitz, Schossenreith, Bernetsreith, Dreihöfen und Lukawitz. Diese Besitzungen sind dann von Johann Christoph Kavka von Říčany erworben worden[7]. Wie er sein Leben beschlossen hat, ob er konvertierte oder emigrierte, wie seine Tochter Sabina Lochner von Palitz, ist bislang nicht eruierbar.

Sabina Lochner von Palitz, geborene Gfeller von Sachsengrün, emigriert als Lutheranerin 1623 zum ersten Mal nach Sachsen; die Ereignisse um die Konfiskation der Güter ihres Vaters und der anzunehmende Tod ihres Ehemanns Johann Georg Adam Lochner von Palitz, als Folge der Schlacht am Weißen Berg, lässt sie diesen Schritt vermutlich gehen.


1625 verkauft sie ihre Güter zu Teschau (Těšov) und Schönficht (Smrkovec) im Egerer Kreis zusammen mit Wolf Christoph Lochner von Palitz, als Vormund ihrer Töchter, für 10.000 fl. rh. an Johann Reinhard von Metternich, einem Neffen des damaligen Kurfürsten und Bischofs von Trier[8]. Beim Sachseneinfall 1631 (siehe: 03 LVP HISTORIE) eignet sie sich ihre Güter in Teschau (Těšov) wieder an – so dass sie, nach dem Rückzug der Sachsen aus Böhmen, von der „Kaiserlichen Kammer“ zu 300 fl. rh. Strafe verurteilt wird. Daraufhin geht die Lutheranin 1632 endgültig nach Sachsen[9]. Dort hat sie nochmals geheiratet – ihr zweiter Ehemann ist der ehemals auf Katzengrün (Kaceřov – 11 km südwestlich von Falkenau/Sokolov) beheimatet gewesene Wolf Heinrich Ritschl von Hartenbach senior, dessen Familie wegen ihres Glaubens nach Thüringen geflohen ist (Zweige dieses Geschlechts existieren noch heute). Um 1651 ist sie allerdings erneut Witwe und lebt verarmt – vielleicht heimlich mit 70 Jahren – auf diesem einstigen böhmischen Rittersitz Katzengrün der Ritschls von Hartenbach zusammen mit ihren Kindern, der inzwischen dem Ritter Wolf Caspar Pergler von Perglas (ebenfalls ein altes böhmisches, ursprünglich protestantisches, Geschlecht) und seiner Frau Walburga Eleonora von Trauttenberg gehört.

Ihre Zwillingstöchter heiraten, wie ihr Bruder, in das alte tschechische Vladykengeschlecht der Mulz von Waldau auf Wallhof (Lesná) im Kreis Elbogen (Loket) ein (dort ab 1651 rekatholisiert) und halten ihren Besitz bis 1838 (das dortige Schloss wird 1974 abgerissen). Helena Dorothea Lochner von Palitz ist um 1623 dem Kreishauptmann von Elbogen (Loket), Georg Fabian Mulz von Waldau auf Grassengrün (Hájek) im Kreis Karlsbad (Karlovy Vary) angetraut worden, und ihre Schwester Helena mit Johann Albrecht Mulz von Waldau auf Wallhof (Lesná) am 28. November 1629. Helena Dorothea Lochner von Palitz lässt sich etwa 10 Jahre nach ihrer Heirat um 1633 offensichtlich scheiden und lebt fortan auf dem Mulz’schen Besitz Kleinschüttüber (Malá Šitboř); daraufhin geht Georg Fabian ein zweites Mal die Ehe ein mit Johanna Gfeller von Sachsengrün (siehe Anhang: Stammbaum der Mulz von Waldau).

Sabina Gfeller von Sachsengrüns dritte Tochter, Anna Barbara Sabina Ritschl von Hartenbach (*1633), gibt ihr als 70jähriger sicherlich Anlass zu Sorgen um die Zukunft der jungen Frau und tatsächlich muss sie 1652 gestorben sein – ihrer Verwandtschaft hat sie noch auf dem Totenbett das Versprechen abgenommen, dass diese sich um eine gute Heiratsabrede kümmern. Wie die Urkunde Nr. 98 der Lochner von Hüttenbach (heute im Staatarchiv Nürnberg, Repertorium 311) dann bestätigt, ist Wort gehalten worden:

Anna Barbara Sabina taucht in dieser Urkunde nicht mit ihrem richtigen Namen „Ritschl von Hartenbach“ auf, sondern mit LOCHNER VON PALITZ und ihre Vermählung mit Virgilius Münch von Münchswarth aus Schlaggenwald (Horní Slavkov bei Falkenau/Sokolov) am 23. Februar 1653 in Delitzsch in Sachsen, wird arrangiert auf der Seite des Bräutigams:

von Georg Fabian Mulz von Waldau auf Grassengrün (in erster Ehe vermählt mit Helena Dorothea Lochner von Palitz, ihrer Halbschwester), Hans Heinrich Sommer von Herscheditz (Herstošice bei Karlsbad – ab 1651 lebt er mit seiner Frau Katharina auf Luck bei Anna Barbara Lochner von Palitz, verwitwete Pröllhofer von Purkersdorf, die bis 1650 mit Hans Heinrich Lochner von Palitz, dem Sohn von Wolf Christoph Lochner, verheiratet gewesen ist – die 15jährige Tochter Susanna Sommer von Herscheditz verdingt sich dort als „Dienstjungfrau“), muss dann zwei Jahre später das Gut Luckawitz bei der Stadt Haid (Bor u Tachova) im Tachauer Kreis gekauft haben und Kaspar Andreas von Steinsdorf auf Delitzsch, bei dem die Hochzeitszeremonie – also im sächsischen Exil – geschlossen worden ist.

Auf Seiten der Braut treten als Zeugen auf: Christoph Erhardt von Weischlitz, der mit Magdalena Pröllhofer von Purkersdorf vermählt ist, die beide ebenfalls auf Schloss Luck um 1651 leben, bei der Witwe ihres Halbbruders Hans Heinrich Lochner von Palitz, dann Christoph Abraham Ratiborsky von Sechzebus auf Tscheraditz (Čeradice), der mit der Schwester von Magdalena Pröllhofer von Purkersdorf, Dorothea Sofia, verheiratet ist (siehe: 02 HISTORIE Ratiborsky von Sechzebus), und dann noch Johann Albrecht Mulz von Waldau auf Wallhof (Lesná), verheiratet mit ihrer Halbschwester Helena Lochner von Palitz.-

Das übrige Geschlecht der Gfeller von Sachsengrün hat sich rekatholisieren lassen und sind heute noch blühend als tschechische Staatsbürger unter dem Namen Kfelíř ze Zakšova (Vorfahren: siehe Auszug des Stammbaums).

A N H A N G:



Literatur:

Binterová, Z. 1998: Zaniklé obce Doupovska“, Chomutov, 30/31
Binterová, Z. 2005: Zaniklé obce Doupovska od A do Ž“, Chomutov, 85/86
Karel, T.-Knoll, V.-Krčmář, L. 2009: Panská sídla západních Čech – Karlovarsko“, České Budějovice, 22, 183
Musil, F.-Plaček, M.-Úlovec, J. 2005: Zaniklé hrady, zámky a tvrze Čech, Moravy a Slezska po roce 1945“, Praha, 387/388


Urkunden:

Kloster Waldsassen – heute im Staatsarchiv Amberg in der Oberpfalz

Signatur: Urkunde Nr. 1470 – 28. Juli 1617

Regest:
Johann Georg Adam Lochner von Palitz auf Teschau (Tesov) und Schönficht (Smrkovec) im Kreis Eger, Johann Wilhelm Gfeller von Sachsengrün auf Alt-Seitlitz (= Stare Sedliste) und Schossenreith (= Castkov u Tachova) im Pilsener Kreis (sein Schwiegervater), Joachim Heinrich Gfeller von Sachsengrün auf Dreihöfen (= Třidvoři), Wilhelm Gfeller von Sachsengrün auf Bernetsreith (= Pernolec),
Joseph Lamminger von Albenreuth auf Weissensulz und Georg Adam von Zedwitz auf Westran als Vormünder, der von Wolf Christoph Elbogner von Unterschönfeld zu Ottengrün hinterlassenen Söhne Wolf Wilhelm, Johann Adam und Wolf Ernst, reversieren die Verleihung des Dorfes Ottengrün (Neualbenreuth), samt den Ödungen Ernestgrün (Markt Neualbenreuth, Landkreis Tirschenreuth) und Pfaffenreuth (Gemeinde Leonberg, Landkreis Tirschenreuth in der Oberpfalz).

Signatur: Urkunde Nr. 1471 – 28. Juli 1617

Regest:
Johann Georg Adam Lochner von Palitz auf Teschau und Schönficht im Kreis Eger, Johann Wilhelm Gfeller von Sachsengrün auf Alt-Seitlitz (= Stare Sedliste) und Schossenreith (= Castkov u Tachova) im Pilsener Kreis (sein Schwiegervater), Joachim Heinrich Gfeller von Sachsengrün auf Dreihöfen (= Třidvoři), Wilhelm Gfeller von Sachsengrün auf Bernetsreith (= Pernolec),
Joseph Lamminger von Albenreuth auf Weissensulz und Georg Adam von Zedwitz auf Westran, als Vormünder der von Wolf Christoph Elbogner von Unterschönfeld zu Ottengrün hinterlassenen Söhne Wolf Wilhelm, Johann Adam und Wolf Ernst, reversieren die Verleihung des Hofes zu Querenbach (heute: Stadt Waldsassen, Landkreis Tirschenreuth in der Oberpfalz) und eines Wasserortes an der Wondreb, den Hans Tanner von Bartholomäus Ludwig von Thein auf Kinsberg (Hrozňatov, heute Stadt Eger/Cheb) gekauft hatte, wie diese Lehenstücke schon dessen Vater Ruprecht von Thein, inne hatte (Burg Thein = Týn, Bezirk Falkenau/Sokolov, Tschechien).

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  1. https://www.pamatkyaprirodakarlovarska.cz/zaksov-sachsengrun

  2. https://www.mistopisy.cz/pruvodce/obec/9758/stare-sedliste/historie

  3. http://www.toulkypocechach.com/lokalita.php?interni_nazev=pernolec

  4. Siebmachers Wappenbuch: Kommentar zu „Lochner von Palitz, Böhmischer Adel, Tafel 137, S. 287“

  5. Urkunde-Nr. 3793 vom 8. Februar 1613: Tschechisches Gubernium – Gouvernementsdokumente, Prag (0993-1526)

  6. Dr. Michl Urban: „Zur Heimatpflege des Tachau-Pfraumberger Gaugebiets“, Verlag der Deutschen Landvolksdruckerei und Verlagsanstalt, Plan (Plana), 1924 – Kapitel: Urbar von 1605 „Adel im Tachauer Kreise“, S. 35 – im Internet unter: K5 – Kramerius 5

  7. https://www.pamatkopin.cz/component/tags/tag/jan-krystof-kavka-z-rican

  8. Heinrich Otokar Miltner / Josef Neumann (Verein für Numismatik zu Prag – Hrsg): „Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen und Medaillen“ – erschienen im Verlag des Vereins, Prag, 1852, S. 343

  9. Tomáš Václav Bílek: „Reformace katolická“ (in tschechischer Sprache – Die Rekatholisierung Böhmens nach der Schlacht am Weißen Berg 1620), Prag, 1892: 161. Sabina Lochner von Palitz verkaufte ihren Hof in Teschau, bevor sie 1628 nach Sachsen ging und 1631 ergriff sie es wieder, aber für kurze Zeit: 1632 verließ sie das Land wieder mit dem Feind (161. Sabina Lochnarova ze Palic prodala r. 1628. pred odchodem svym do Saska statek svuj Tesov, jehoz se pri vpadu saskem r. 1631. opet zmocnila, avsak jen na kratky cas: nebot r. 1632, opet ze zeme s nepritelem ujela). – Oldřich KORTUS: „Sasové v Čechách v letech 1631 a 1632“ (Die Sachsen in Böhmen 1631 – 1632), Prag, 2007: Sabina Lochnarova z Palic / Cheb, vratila se Sasy, ktere podporovala (Sie kehrte zu den Sachsen zurück, die sie unterstützte). – Als Witwe auf Katzengrün nach 1651 – https://www.nacr.cz = Nationalarchiv der tschechischen Republik in Prag: Loketsko — Soupis poddaných podle víry z roku 1651 – incl. Mulz von Waldau

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