Lochner von Ebermannstadt im Amt Neideck
1274 / ~1332 – ~1600
Man sagt „Geschichte ist immer rekonstruierte Vergangenheit“ …und das ist im wahrsten Sinn des Wortes der Fall in Bezug auf die völlig vergessene Linie der Lochner von Ebermannstadt – selbst die Erinnerung an ihr Wappen: ausgelöscht.
E r s t m a l s werden hier nun die Lochner von Ebermannstadt rekonstruiert: ihre Bedeutung als Richter und Untervögte des Amtes Neideck ist mit dem tragischen Untergang ihrer Lehnsherren, der Edelfreien von Schlüsselberg, verbunden, wie Gustav Voit auf Seite 67 in seinem Buch „Rund um die Neideck“ (siehe Anhang: Literatur) bestätigt:
„…der Tod Konrads von Schlüsselberg 1347 besiegelte auch das Schicksal seiner Dienstmannen“(!).
1347 trifft diesen letzten Schlüsselberger – einstmals Reichsbannerführer in der Schlacht von Mühldorf am Inn 1322 und enger Freund Kaiser Ludwig des Bayern (ein Wittelsbacher gegen seinen Erzfeind Friedrich den Schönen von Habsburg) – ein Plidengeschoss aus einer über 100 m weit schießenden Steinwurfmaschine auf seiner Stammburg Neideck, denn eine Fehde mit seinen übermächtigen Gegnern, den Burggrafen von Nürnberg und den Bischöfen von Bamberg und Würzburg in Bezug auf eine Mautstelle, die er bei Streitberg errichtet hat auf der Geleitstraße, die die wichtigste Verbindung zwischen den zoller‘schen Territorien Nürnberg/Ansbach und Bayreuth/Kulmbach darstellt, wird ihm zum Verhängnis. Es scheitert damit sein kühner Plan ein zusammenhängendes Gebiet auf fränkischem Boden zu schaffen[1].
Dieses zur Oberschicht des fränkischen Adels gehörende Geschlecht hat, genauso wie später die Schenken von Reicheneck (siehe: 03 LVK HISTORIE), keine Chance gegen aufblühende Geschlechter wie den Zollern (Hohenzollern), damals Burggrafen von Nürnberg, und ab 1415 Markgrafen von Brandenburg – sind sie doch die Vorfahren der Könige von Preußen.
Das Wappen der Lochner von Ebermannstadt ist die „blau/rot“ Variante, ohne die Rosen, denn ein Hinweis auf einer Ausgabe der „Hollfelder Blätter“ vom 1. Juni 1983 legt dies nahe (siehe oben links: Wappen der Lochner von Ebermannstadt).
1332 wird der erste (Unter-)Richter im Amt Neideck genannt: Ulrich I. Lochner[2].
Wie Toni Eckert (1. Vorsitzender des Fränkische-Schweiz-Vereins, Ortsgruppe Streitberg) hochinteressant in der Festschrift zum 700jährigen Stadtjubiläum von Ebermannstadt (1323 – 2023) auf Seite 69 ausführt, „…bildeten die nur zeitweise hier wohnenden Amtmänner, Vögte und Untervögte, darunter das Adelsgeschlecht der Lochner, die gesellschaftliche Spitze der Stadt“. Damit bestätigt er indirekt, dass es sich zwar um das Geschlecht der Lochner handeln muss, allerdings nicht um die späteren Lochner von Hüttenbach ab 1528. Georg Brütting M.A., von Beruf Dendrochronologe und Kreisheimatpfleger für Baudenkmalpflege im Landkreis Forchheim (ehrenamtlich – Bruder der Autorin), hat als Mitherausgeber ebenso Beiträge in diesem Buch platziert, wie Dr. Manfred Franze, Gymnasiallehrer a.D.
Es drängt sich auf, dass es sich um den Sohn Arnold Lochners von 1315 Ulrich Lochner handelt (Streit wegen Zehnten zu Tannfeld) zusammen mit seinem Bruder Ludwig. Und dies eindeutig zu Zeiten, als der letzte Schlüsselberger noch am Leben ist, was sich mit einem Hinweis im Manuskript zum Diavortrag von Heinrich Janz (erster Archivar der Lochner von Hüttenbach) aus dem Jahr 1967 deckt (Quelle leider unbekannt).
Er schreibt: „Die Lochner von Ebermannstadt und Waischenfeld sind Ministerialen der Schlüsselberger und haben ihren Amtssitz in Ebermannstadt für das Amt Neideck“:
(1) Amtmänner in Muggendorf
(2) Ritterliche Dienstleute auf Burg Greifenstein
(3) Burgmannen auf Burg Tüchersfeld
(4) Bürger und Amtleute in Pottenstein
Bislang müssen das allerdings noch Mutmaßungen bleiben. Bei den „blauen“ Lochner-Linien zeigt sich deutlich Heinrich als Leitname – insbesondere die Zeitgenossen Ulrichs I. Lochner von Ebermannstadt,
Heinrich I. und Heinrich II. Lochner (bei Kunstmann und Biedermann als „senior“ und „junior“ bezeichnet) dürften aus diesem Grund zu dieser Linie zu rechnen sein. Sie leben zwischen etwa 1320 und 1403, und Heinrich senior heiratet 1346[3] Kunigunde I. von Aufseß.
Ihr Sohn Heinrich II. Lochner, der in Ringau bei Plankenfels Besitz hat[4], verkauft 1399 an Konrad Tetzel, Bürger von Forchheim, ein Gut zu Weiher bei Hollfeld als bischöflich-bambergisches Lehen[5] (die Ebermannstädter Lochner haben, anlässlich einer Gerichtsverhandlung, um 1400 mit Eberhard Tetzlein zu tun –
siehe: 01 STAMMBAUM Ermreicher genannt Tetzel/Tetzlein), und 1401 trägt erneut ein Forchheimer Bürger namens Andreas Fulsack treuhänderisch eine Hube zu Weiher dem Bamberger Bischof zu Lehen auf[6]. In der Urkunde heißt es darüber hinaus „…residenti in Lochenn prope Holfelt“[7], wo er 1403 verstirbt. Er ist verheiratet mit Els II. Modschiedler, aus einem weitverzweigten Ministerialengeschlecht, verwandt mit den Stübig genannt Neideckern, d.h. sie sind stammes- und wappengleich mit diesen und Seitenlinien der mächtigen Förtsch von Thurnau, einem fränkisch-slawischen Clan (Briswizze = heute Oberpreuschwitz, Ortsteil von Bayreuth – siehe auch: Förtsch von Thurnau, Stübig/Neidecker und Modschiedler). Biedermann kennt ihn zu den Jahren 1356, 1367 und 1372.
Nach 1348 geht diese Linie nahtlos als Ministerialen im Amt Neideck zu deren Rechtsnachfolger über, dem Bischof von Bamberg. Sie arbeiten als eine Art „rechte Hand“ den Amtmännern zu. Oftmals handelt es sich bis 1500 um Angehörige aus dem Hause der Edelfreien von Aufseß zu Wüstenstein. Außerdem haben die Lochner von Ebermannstadt – um 1400 bis kurz nach 1600 – Lehen von den Herren von Streitberg inne und treten für diese als Zeugen und Bürgen auf[8].
Von einem Burggut der Lochner auf Neideck ist bislang nichts bekannt. Im Jahr 1348 hat die Burg drei Wächter, einen Geschützmeister und fünf Burgmannen mit ihren reisigen Knechten, insgesamt etwa 20 militärisch ausgebildete Verteidiger, wie Klaus Stübiger auf seiner Homepage anmerkt. Seine Vorfahren, die stark mit der Burg Neideck in Verbindung stehen, stellen dort Amtmänner und Burgmannen, u.a. Otto, Werner und Johann Stübig genannt Neidecker, dann Konrad II. Spieß und Dietrich Ochs; 1355 dann Walter Hirs, die alle bereits Dienstmannen der Schlüsselberger gewesen sind. Die Spieß sind zudem um diese Zeit mit der Oberpfälzer-Linie der Lochner von Königstein verwandt.
Der erste bischöfliche Amtmann von 1377, Friedrich von Aufseß, hat nunmehr Heinrich III. Lochner an seiner Seite, dessen Amt sich ab 1348 „Untervogt“ nennt. Insbesondere das Geleitrecht durch die heutige Fränkische Schweiz, das hier schon Erwähnung gefunden hat, ist höchst aufschlussreich:
Es dient sowohl zur Eigensicherung der Burg Neideck als auch zur Überwachung der Geleitstraße nach Bayreuth und Kulmbach, die zwischen Niederfellendorf und Streitberg das Wiesenttal durchquert. Hier werden Vorspann-Pferde für den steilen Anstieg von Streitberg nach Oberfellendorf angeboten. Und wahrscheinlich hatte Konrad II. hier auch eine Straßensperre errichtet, an der man Maut kassiert hat (Anm.d.Verf.: weshalb es später zur Fehde mit seinen übermächtigen Nachbarn kommt und schlussendlich zum Aussterben des Geschlechts). Für die Dienstmannen der Schlüsselberger gibt es hier also genug zu tun: auf der Burg Rothenbühl, am Sitz in Niederfellendorf, auf dem Wartturm, der hier mit „Oberes Eck“ bezeichnet ist, beim Sitz in Trainmeusel, auf der Insel-Turmburg in der Wiesent (Turm zum Werde), auf der Burg Streitberg und schließlich auf dem Wartturm Kulk (Standort auf dem Berg „Guckhüll“)[9].
Um 1400 findet sich Fritz I. Lochner von Ebermannstadt, der sich nach dem Aussterben der Schlüsselberger stärker an den Herren von Streitberg orientiert, denn dies lässt sich aus der Urkunde vom 21. April 1401 schließen[10], da er als Bürge auftritt, neben Hans von Wichsenstein und Eberhard Tetzlein, für Reimar II. von Streitberg, der vom Bamberger Schultheiß Fritz Ochs verklagt wird wegen Gütern in Oberfellendorf. Der Fall scheint nicht wesentlich zum Abschluss gekommen zu sein, denn am 8. März 1410[11] wird dies erneut verhandelt, allerdings mit seinem Sohn Heinrich III., dem bereits erwähnten zweiten Untervogt von Ebermannstadt im Amt Neideck von 1384 – 1417[12]. Eine weitere Gerichtsmasse am Landgericht in Bamberg ergibt sich aus einer Urkunde vom 30. November 1421[13], als er auf eine Pfandschaft klagt gegen Fritz von Streitberg in Bezug auf Güter in Streitberg, Siegritz und Oberfellendorf[14].
1420 scheint eine neuerliche Zusammenarbeit zwischen den Aufseß und den Lochnern im Amt Neideck zu entstehen: Heinrich von Aufseß dürfte mit Hans III. Lochner als Untervogt zu tun gehabt haben, der ab 1410 in Urkunden zu Ebermannstadt genannt ist. Hier könnte mit ihm bereits der Wechsel nach Waischenfeld erfolgt sein, denn Kunstmann vermutet ihn und seinen Sohn Wilhelm als erste lochnerische Kastner von Waischenfeld[15].-
Etwas später, etwa 1422, erfolgt eine Ehegeldeintragung für eine Lochnerin auf einen Hof in Gößmannsberg durch ihren Ehegatten Hans Türkelsteiner, wofür die Lochner siegeln[16].
1433 kommt ein dritter Untervogt in Ebermannstadt vor, denn Ulrich II. Lochner wird ein Gärtlein am Breitenbach in Ebermannstadt verliehen, ein kleiner Nebenfluss der Wiesent, die nach 72 km bei Forchheim in die Regnitz mündet. Mit dem Amtmann von Neideck in den Jahren 1433 – 1435, Georg I. von Rabenstein, muss er sich gut verstanden haben – Ulrich II. Lochners Ehefrau könnte eine Tochter von ihm sein. Im Jahr 1433 fungiert er in einer Urkunde[17] als Untervogt für die Drosendorfer, einem eventuell verwandten Ministerialengeschlecht, das in Ebermannstadt begütert ist, und bezeugt neben anderen, dass diese „sich vertragen hätten“.
Von 1430 – 1434 ist er Kläger[18] neben Hermann Reck und Werner Schütz (von Hagenbach?) gegen Fritz Leinleiterer, der eine Schuldverschreibung auf seine Besitzungen nach der Klage am Landgericht Nürnberg aufnimmt. Dieser Fritz Leinleiterer ist vermutlich der Sohn seiner Schwester Els Lochner von Ebermannstadt, verheiratete Leinleiterer, die selbst am 11. Oktober 1424[19] auf Güter des Fritz von Streitberg zu Streitberg und Oberfellendorf klagt, wie ihr – wahrscheinlicher – anderer Bruder Untervogt Heinrich III. Lochner von Ebermannstadt schon 1421. Es sei noch erwähnt, dass Fritz Leinleiterer offensichtlich zwei Töchter hinterlassen hat, denn wegen dieser Güter streiten sich deren Ehegatten Hans von Aufseß und Fritz Hetzelsdorfer 1451 vor dem Landgericht Bamberg[20].
Heinrich III. Lochner von Ebermannstadt, der in dieser Stadt „Haus und Hof“ hat, stirbt 1438 „ohne männlichen Leibeserben“, worauf seine Erbschaft im Ort Pretzfeld unter sämtlichen Lochner-Linien aufgeteilt wird – man kennt sich also![21]
Um 1470 lässt sich Heinrich IV. Lochner, als vierter und letzter Untervogt der Ebermannstädter Lochner-Linie, bestätigen. Er könnte seinen Dienst 1471 unter Amtmann Pankraz von Rüssenbach im Amt Neideck aufgenommen haben, bzw. später unter den nachfolgenden Amtmännern Hans und Heinrich von Aufseß zu Wüstenstein im Zeitraum 1476 – 1490. Die Tatsache, dass es noch einmal einen lochnerischen Untervogt des Amtes Neideck gegeben haben muss, beweist die Urkunde[22], in der seine Witwe Petrissa Lochner noch 1489 die Jahresrechnung für das Amt Neideck bezahlt „…an ihren Herrn von Leonstein“[23]. Zwischen 1475 – 1487 sind sie auf Loch genannt bei Kunstmann (Heinz Lochner)[24].
1488 wird ein Fritz Schuster als Untervogt genannt, womöglich bürgerlicher Herkunft, und eine zeitliche Übergangslösung; bei den Amtmännern auf Neideck wechseln sich Heinrich von Redwitz und Hans von Aufseß zu Wüstenstein[25] zwischen 1489 und 1491 ab. Ab 1490 übernimmt Veit von Aufseß als Amtmann bis 1495. Von 1440 – 1489 ist Neideck an Graf Georg von Löwenstein für 2000 fl. verpfändet, der sich verpflichten muss, nach den Zerstörungen durch die Hussiten 1430, 600 fl. in die Anlage zu verbauen.
Er ist u.a. Domherr in Bamberg und Petrissa Lochner hat in ihm sicherlich einen äußerst liebenswürdigen Lehnsherrn – so vermittelt es das gekonnt und sehr realistisch wirkende Porträt des 80jährigen Geistlichen aus der Hand des Meisters Hans Pleydenwurff von 1456:
mit freundlicher Genehmigung von Bianca Slowik,
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
Sein eventueller Bruder Konrad IV. Lochner sitzt zuerst auf Ringau bei Plankenfels[26] wie der einstige Vorfahre Heinrich II. Lochner, bzw. später auf Loch, denn dort wird 1472 ein Konrad Lochner bei Kunstmann um diese Zeit erwähnt[27].
Laut Biedermann existiert ein Konrad Lochner, der 1451 auf Ringau sitzt (tatsächlich urkundlich belegbar: als Afterlehner des Hans II. von Rabenstein, wahrscheinlich sein Onkel mütterlicherseits)[28], mit Margarethe von Königsfeld vermählt, etwa 1486 gestorben und in der Kirche von Hollfeld begraben ist. 1451 hat sein Schwiegervater Hans von Königsfeld vermutlich Ringau erst an Konrad Lochner veräußert und 1458 kaufen es Bartholomäus und Andreas von Königsfeld auf Wadendorf[29], vielleicht beim Tod ihrer Schwester Margarethe, wieder zurück[30]. Wie schon bemerkt, wird sich Konrad Lochner dann nach Loch zurückgezogen haben, denn Kunstmann verzeichnet ihn dort für das Jahr 1472[31].
Die Turmhügelburg in Loch bei Hollfeld wird um 1430 schon ein Opfer der Hussitenkriege, und so mutet es tatsächlich merkwürdig an, dass 1522 dort noch Hans VI. und Konrad VIII. Lochner genannt sind[32] – sie sind die Söhne des letzten Untervogts Heinrich IV. Lochner von Ebermannstadt. Nach Hellmut Kunstmann[33] soll Hans VI. Lochner keine Erben gehabt haben und Loch seit 1514 Burgstall (= Ruine), „weshalb es den Giech als ihr Mannlehen heimfiel“. Bei Ernst Heinrich Kneschke[34] heißt es dagegen „Pankraz Lochner hätte seinen Anteil an Loch um 1525 an die Giech und (Schloss) Weiher an die Aufseß verkauft“ und sich stattdessen im Nürnberger Land eingekauft. Dies könnte darauf hindeuten, dass Loch als Stammsitz „zur gesamten Hand“ vergeben ist, Hans tatsächlich keine Söhne hat, und Pankraz als Protestant nicht mehr dem Bamberger Bischof dienen will, deshalb seinen Anteil verkauft und abwandert ins Nürnberger Land. Offensichtlich haben Heinrich IV. Söhne zusätzlichen Besitz in Loch und Modschiedel (!), was um 1520 in einer Urkunde (Hochstift Bamberg, Lehenhof Nr. 162 und 174) dokumentiert ist:
„…(was) Heintz Lochner zum Loch gesessen hat und seins Leibmannserben allein zu mannlehen empfangen 12 tagwerk oder acker felds mit aller zugehorung – und – Item Hanns und Contz Lochner, Gebrüder, zum Loch gesessen, haben Ihre und Ihren Erben zu mannlehen empfangen ein Hube und noch ein Hube mit aller Zugehorung Äcker und Wiesen, das der alden Pottner, als Lehen der Förtsch von Thurnau. Und 7 acker felds zu Modschiedel gelegen auf dem Kreßner genannt, nichts ausgenommen“.
Bemerkenswert ist im Stadtarchiv Nürnberg[35], wo „Hans Lochner zum Loch gesessen“ noch zum Datum des 21. Februar 1549 vermerkt ist![36]
Hans VI. Bruder Konrad VIII. Lochner hat tatsächlich „Leibmannserben“, d.h. Nachfahren. Doch, wo lebt er zu Beginn des 16. Jahrhunderts? Warum ist nichts Näheres über Konrad VIII. Lochner in Unterlagen im Zusammenhang mit seiner engeren Verwandtschaft, der Lochner von Waischenfeld, zu finden? Ist die Linie der Lochner von Ebermannstadt im Bürgertum aufgegangen?
Dieter Zöberlein gibt in seinen Büchern über „die von Streitberg“ darauf insofern eine Antwort, als zu den Jahren 1575 und 1589 Lochner Lehen der Herren von Streitberg noch innehaben, und zwar die beiden Paul Lochner[37] und Heinrich Lochner[38], die den Zehnten zu „Bösen-Neudorf“ (heute Neudorf im Wiesenttal) haben zusammen mit Mitgliedern der Familie Sponsel zu Wöhr (neben der Turmhügelburg zum Werde in der Wiesent – vielleicht sogenannte „Halbfreie“[39]) und das schätzungsweise über drei Generationen (bereits um 1416 erscheint ein Konrad Sponsel als Bürger der Stadt Forchheim, wo er das Amt des Spitalmeisters ausübt) .
Als 1525, also gut 200 Jahre nach dem Tod des letzten Schlüsselbergers 1347, der Bauernkrieg ausbricht und Unmengen Burgen und Schlösser in der Fränkischen Schweiz zu Ruinen werden, da schafft es die Burgmannschaft auf Neideck stattdessen die Bedrohung abzuwenden[40] – denn die ausgeklügelte, altbewährte Vorburgen-Strategie des Konrad II. von Schlüsselberg greift nach wie vor: Konrad Sponsel „zum Werde“ „…hilft Neideck zu verteidigen“[41] – er entdeckt vorher schon die anrückenden Bauernhaufen und schlägt Alarm (später erhält er dafür Nachlass auf seine Steuern). Laut Voit („Rund um die Neideck“, S. 277) wird die Geleitstraße zwischen Erlangen und Bayreuth durch die Fränkische Schweiz noch 1568 als „Herrn Conradts Weg“ bei Niederfellendorf tituliert (zwischen Ober- und Niederfellendorf ist im Mittelalter nicht unterschieden worden).
Gerade einmal 13 Mann Besatzung liegen auf der Burg, u.a. Wolf Groß von Trockau und Bastian Ochs von Gunzendorf und sein Bruder: dazu meint Markgraf Kasimir von Brandenburg-Bayreuth später süffisant, „…die Bamberger Bauern (hätten) keines der vielen Schlösser mit Ernst erobert, wenn nur drei wehrliche Männer darinnen gewesen“[42].-
Die Lochner von Ebermannstadt im Amt Neideck, von denen vier Untervögte bis 1489 nachgewiesen sind, halten nach 1500 weiter Kontakt innerhalb der einstigen Schlüsselberger „familia“, obwohl sie kein Amt mehr bekleiden (denn die Familie Sponsel ist sicher mit einer besonderen Aufgabe innerhalb des Vorburgensystems Konrads von Schlüsselberg integriert gewesen!). In den Urkunden des Hochstifts Bamberg, Lehenhof Nr. 162 und 174, wird bestätigt, dass Heinrich IV. Lochner von Ebermannstadt auf Loch Söhne hat – und zwar Hans VI. Lochner und Konrad VIII. Lochner von Ebermannstadt um 1520 – „gesessen zum Loch“.
Ihren Status der Ritterbürtigkeit haben sie verspielt, als der Sohn des letzten Untervogts von Ebermannstadt eine Bürgerliche heiratet – von Ehrgeiz innerhalb des Amtes Neideck aufzusteigen, sind im Verlauf von 200 Jahren keinerlei Ansätze zu erkennen, denn um und nach 1500 stellen sie keine Untervögte mehr: im Gegenteil – Pankraz Lochner (heutige Linie der Freiherrn Lochner von Hüttenbach) übernimmt als Amtmann (was vorher meistens die Herren von Aufseß zu Wüstenstein inne gehabt haben) kurzzeitig das Amt Neideck 1515/16[43] und nochmals 1520/21[44].
Da zwischen 1400 und 1425 mehrmals vor dem Kaiserlichen Landgericht Bamberg seitens der Ebermannstädter Lochner um Besitz in Oberfellendorf geklagt wird, könnten sie dort nach 1500 auf einem Hof als Lehen derer von Streitberg gesessen sein (Zehnt zu Bösen-Neudorf dort in der Nähe).
Ihre engere Verwandtschaft, die Waischenfelder Lochner, werden sich daraufhin in der Folge abwenden und auf den einzig verbliebenen jungen Mann von Stand konzentrieren, der in Franken um 1500 vorkommt, und sie werden diesen Schritt dahingehend untermauern, die Wappenvariante der „roten“ Lochner-Linien zu adaptieren. Das Wappen der „blauen“ Linien, der Lochner von Ebermannstadt (im Amt Neideck) gerät in Vergessenheit – bei Siebmacher wird das Wappen unter „Fränkische – Lochner von Hittenbach“ bezeichnet!
Schließlich wird 1617 Ulrich Lochner[45] im Zusammenhang mit dem Rittergut Veilbronn genannt, wiederum Streitberger Lehen. Nur ein Jahr später beginnt mit dem berühmten Prager Fenstersturz 1618 in Böhmen der 30jährige Krieg.-
Wie konsterniert die Verwandschaft auf einen solchen „Fehltritt“ einer Linie reagieren kann, zeigt beispielhaft der Fall des Ritters Nikolaus – Nickel – Sack von Geilsdorf (um 1480 – 1547), der mit einer Bauerntochter namens Elisabeth Randecker uneheliche Kinder hat und sie schließlich heiratet[46]. Er leitet alles in die Wege, damit seine beiden Söhne Philip und Hans seine legitime Nachfolge antreten können – für seine Tochter Margarethe, die vor der Eheschließung ihrer Eltern geboren worden ist, betreibt er erfolgreich deren Anerkennung als „ehelich gezeugtes“ Kind, wodurch sie erbberechigt ist.
Wegen der „Anmaßung des Geschlechts, Schildes, Helms und Namens“ für seinen Nachwuchs begehrt Nickel Sack den Rat Martin Luthers, mit dem er in Verbindung gestanden hat, denn er ist ein gläubiger Mann. Weil dieser jedoch nicht weiß, „was Recht oder Unrecht sei“, leitet er das Anliegen mit Schreiben vom 10. Januar 1534 an Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen weiter[47]. Auch fast alle damals lebenden Mitglieder der stammes- und wappenverwandten Familien von Reitzenstein, von Wildenstein, von der Grün und von Berg sowie Hans und Caspar Sack zu Mühltroff wenden sich in einer gemeinsamen Klageschrift an den Kurfürsten, wonach die Söhne des Nickel Sack nicht zur Nachfolge in die Ritterlehen zuzulassen seien. Die Angelegenheit wird jedoch in Ingolstadt zugunsten Nickels entschieden[48].
Regine Metzler resümiert in ihrem Artikel dementsprechend „…er hatte die Möglichkeiten der Umbruchszeit für sich zu nutzen gewusst“…
A N H A N G
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Wappen der Edelfreien von Schlüsselberg ↑
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Christoph Beck: „Heimatbuch Ebermannstadt“, 1926, S. 98 – Wappen: siehe Anhang ↑
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Otto Freiherr von Aufseß: „Die von Aufseß“, Berlin, 1888, S. 60, ↑
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Lehenbuch von 1398-1420 des Burggrafen Johann III. von Nürnberg III, S. 209 ↑
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StA BA A221/I Nr. 1/I, fol. 54’ (StA BA = Staatsarchiv Bamberg) ↑
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StA BA A221/I Nr. 1/I, fol. 35 ↑
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StA BA Stb. 2 f. 98v ↑
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Dieter Zöberlein: „Die von Streitberg – Geschichte einer fränkischen Adelsfamilie“, drei Bände, Burggrub, 2018 ↑
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Alles „hier blau gekennzeichnete“ stammt von der Webseite von Klaus Stübiger (www.klaus-stuebiger.de), einem Nachfahren der Stübig-Neidecker = Ministerialengeschlecht der Schlüsselberger und Burgmannen auf Neideck ↑
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Kaiserliches Landgericht Bamberg = LGB, Nr. 921, fol. 154b (ex Klagebuch , fol. 92) – betrifft u.a. Oberfellendorf ↑
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Kaiserliches Landgericht Bamberg = LGB, Nr. 904, fol. 12b (ex Klagebuch, fol. 154b) ↑
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Archiv des Erzbistums Bamberg Urkunde Nr. 439 (für das Jahr 1384) und
https://data.matricula-online.eu/de/deutschland/bamberg/niedermirsberg-st-jakobus-der-altere/M3%252F29/?pg=1(für das Jahr 1417) ↑
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Kaiserliches Landgericht Bamberg = LGB, Nr. 921, S. 279b fol.80 – betrifft u.a. Oberfellendorf ↑
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Dieter Zöberlein: „Die von Streitberg – Geschichte einer fränkischen Adelsfamilie“, drei Bände, Burggrub, 2018 ↑
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Hellmut Kunstmann: „Burgen der östlichen Fränkischen Schweiz“, Kommissionsverlag Ferdinand Schöningh, Würzburg, 1965, S. 130, (dortige Fußnote 297) im StA BA Stb. 3 f. 129 ↑
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StA BA B21 Nr. 6, fol. 8‘ und StA BA A205 Lade 737 Nr. 2783, Adelsurkunden – mit bestem Dank an Thomas Rattler – seine Vorfahren Rattler sind ein Ministerialengeschlecht der Edelfreien von Schlüsselberg, die nach deren Aussterben Bürger von Forchheim werden ↑
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Archiv des Erzbistums Bamberg: Rep. I, PfA 140 – Drügendorf, Eggolsheim ↑
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StA BA A165, L.523, Nr. 571 – LGN, Nr. 203, S. 146, 198b, 237 ↑
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Kaiserliches Landgericht Bamberg = LGB, Nr. 904, fol.32 – ex Klagebuch, fol. 24 – betrifft u.a. Oberfellendorf ↑
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Kaiserliches Landgericht Bamberg = LGB, Nr. 922, S. 125b, fol.49 ↑
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Reinhold Glas: „Pretzfeld – Häuser- und Familienchronik eines Marktortes in der Fränkischen Schweiz“, Schriftenreihe des Fränkische-Schweiz-Museums, Band 9, Verlag Palm & Enke, Erlangen und Jena, 1994 -Stadtarchiv Nürnberg Rep. 23 F 44, f. 167‘ und 168 – siehe Anhang: 1438 Erbaufteilung unter allen Lochner-Linien ↑
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StA BA Rep. A 231/VI Nr. 55224 ↑
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Graf Georg von Löwenstein (geboren um 1375, wird 1464 im Bamberger Dom beigesetzt) ↑
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StA BA Stb. 8 f.49 ↑
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StA BA B58 Nr. 4109 fol. 14 ↑
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StA BA A221/I Nr. 4, fol. 147 ff. ↑
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StA BA 6004a, S. 174 ↑
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StA BA A221/I Nr. 4, fol. 147 ff. – Konrad Lochner zu Ringau 1451 (Lehenbuch 1432 – 1459):
1 Gut und 1 Gütlein zu Ringau, sowie Flurstücke – Afterlehen = ein von einem Lehensmann weitergegebenes Lehen – www.mittelalter-lexikon.de ↑
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StA BA B21 Nr. 7, fol. 203 ff. – der Bamberger Bischof erlaubt den beiden Königsfelder Brüdern ihren Sitz Wadendorf als Burg auszubauen ↑
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1458 Verkauf von Ringau und den Hölzern „Hembach und Freylemb genannt“ an Bartholomäus und Andreas von Königsfeld zu Wadendorf für 139 fl. – Zeugen: Eberhard Neustetter-Stürmer und Amtmann Hans von Aufseß zu Krögelstein (in den Unterlagen von Benno, dem Enkel des Maximilian Lochner von Hüttenbach – keine Urkunde bekannt) – Ringau und Wadendorf sind heute Ortsteile von Plankenfels ↑
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StA BA 6004a, S. 174 ↑
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StA BA Stb. 19 f.209 und v ↑
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Hellmut Kunstmann: „Burgen der östlichen Fränkischen Schweiz“, Kommissionsverlag Ferdinand Schöningh, Würzburg, 1965, S. 139 ↑
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Ernst Heinrich Kneschke: „Neues allgemeines deutsches Adelslexikon“, 1864, S. 590 ↑
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Stadtarchiv Nürnberg, Rep. 205-0, Ritterorden Urkunden ↑
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Bürge bei einer Urfehde im Zusammenhang mit dem Deutschen Orden ↑
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StA BA G57 K.42 Verzeichnis der Lehen zu Hollfeld und Weismain 1569 – 1582 und StA Sigmaringen T5, Nr. 22/16 – BeR, fol. 400, R1, 11/16 ↑
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Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, RHR, K.120 Dörfer XX/I-II, S.61 – Heinrich ist Leitname bei den „blauen“ Lochner-Linien ↑
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„Halbfreie“ sind oftmals verarmte, ehemals freie Bauern – www.leben-im-mittelalter.net/gesellschaft-im-mittelalter/feudalismus/grundherrschaft.html – Und Familie Sponsel hat ein Gut in Oberfellendorf (!), das ihnen die „weltlichen Nachfolger“ der Schlüsselberger, die Herren von Streitberg, verleihen. Am 6.2.1372 verkauft Fritz von Streitberg das Gut des Ulrich Sponsel (Schreibweise: „Spanseil“) in Oberfellendorf an das Zisterzienserinnenkloster Schlüsselau (von den Edelfreien von Schlüsselberg gegründet als deren Grablege): StA BA, Hochstift Bamberg, Bamberger Urkunde 3530↑
Burg Neideck wird erst 1553 im 2. Markgräflerkrieg zerstört ↑
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laut Hellmut Kunstmann: „Die Burgen der südwestlichen Fränkischen Schweiz“, Verlag Degener & Co, Neustadt/Aisch, 1990, S. 46 ↑
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laut Hellmut Kunstmann: „Die Burgen der südwestlichen Fränkischen Schweiz“, Verlag Degener & Co, Neustadt/Aisch, 1990, S. 47 ↑
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StA BA A205/IV L. 790 Nr. 7624 ↑
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StA BA A231 Nr. 25056 ↑
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StA BA A226, Nr. 9204/3 ↑
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Regine Metzler: “Nickel Sack zu Geilsdorf (um 1480 – 1547): Wer war der adelige Lehensherr des Burgsteingebietes, der eine Bauerntochter heiratete?“, in: Das Vogtland – Schrift zu Kultur und Geschichte des Vogtlandes, Plauen 2006, S. 58 – 64 ↑
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Johann Konrad Irmischer: „Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke: Vermischte deutsche Schriften“, Frankfurt a. M. und Erlangen, 1853, III. Band, S. 36 ↑
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Norbert Sack: „Das vogtländische Geschlecht Sack“, in: Das Vogtland-Jahrbuch, Plauen 1995, S. 80 – mit bestem Dank an Norbert Sack, Nachfahre der Sack von Epprechtstein – dessen Spitzenahn ist Ritter Ulrich Sack von 1450 – https://de.wikipedia.org/wiki/Sack_(Adelsgeschlechter) ↑