03 HISTORIE Modschiedler von Görau

Die Modschiedler von Görau mit dem „Tatzenwappen“[1] (ebenso wie ihre verwandte Linie der Modschiedler von Ebermannstadt-Reinsbrunn) sind – ähnlich den Stübig genannt Neideckern und den Fellendorf – durch ihre Stammes- und Wappengleichheit mit den FÖRTSCH VON THURNAU verbunden und zeigen um 1200 damit eine starke Verzweigung an – die Siegel der jeweiligen o.g. Familien sind beim ursprünglichen „Zackenwappen“ absolut identisch oder „gespiegelt“. Die Förtsch haben acht Dienstmannengeschlechter,
u.a. ihre Verwandtschaft Modschiedler und die Görau. Sie sind im Ritterkanton Gebürg organisiert.

Sie gehören zum fränkisch-slawischen Clan, der sich nach Oberpreuschwitz nennt: B R I S W I Z Z E.
Als Stammsitz gilt der Turmhügel in Dörnhof bei Oberpreuschwitz (heute Ortsteil von Bayreuth).
Nach Dr. Ruprecht Konrad (siehe Anhang und Literatur) zählen die Förtsch zu den Nachkommen des 1059/1096 urkundlich belegten Wigger von Langheim.



1293 heiratet (wahrscheinlich) Arnold Modschiedler seine Braut Elisabeth von Görau – vielleicht übernimmt die Modschiedler-Linie von Görau von der Familie der Elisabeth von Görau, als letzter Trägerin ihres Familiennamens, zudem das Wappen der Görau. Ein Brauch der beim Aussterben adeliger Familien durchaus zur Anwendung kommt. Als Beispiel können die Schenken von Reicheneck dienen: Walter Schenk von Klingenburg vermählt sich mit der Erbtochter der Reichsministerialen von Königstein in der Oberpfalz. Da die Königstein sehr angesehen sind und die Schenk von Klingenburg eine entsprechend große Erbschaft im Pegnitztal antreten, übernehmen sie ohne Zusätze das Wappen der Königstein und von diesem Zeitpunkt an heißen sie „Schenken von Reicheneck“ (siehe: 03 LVK HISTORIE). Des Weiteren gibt es die Möglichkeit das Wappen von Mann und Frau in einem „Geviert“ auf dem Wappen zu kennzeichnen, was vom Kaiser persönlich genehmigt zu werden hat, die sogenannten „Allianz-Wappen“.

Görau ist heute ein Ortsteil der Stadt Weismain im oberfränkischen Landkreis Lichtenfels. Der Name Görau ist slawischen Ursprungs. Er leitet sich vom Wort gora ab, das „Berg“ bedeutet. 1137 erscheint der Ort erstmals in einer Urkunde als „Goren“, 1382 als „Görein“ und 1421 als „Gore“ und „Goraw“. Die Form von 1382 entsteht vermutlich als Folge einer damaligen Lautverschiebung des langen i zu ei. Demnach wird der Ursprung des Ortsnamens von vielen Slawisten im altslawischen Wort gorina gesehen, das sich als Bergland übersetzen lässt. Gedeutet werden kann der Name demnach als Siedlung auf dem Bergland. Da der Ortsname nicht durch die Bewohner entsteht, sondern durch die umliegenden Nachbarn, kann gefolgert werden, dass die Gegend der Jurahochfläche südlich von Weismain im frühen Mittelalter, vor 800, von slawischen Weidebauern bewohnt war, was archäologische Funde bestätigen[2].

Sie haben Güter zu Modschiedel, Görau, Köttel, Kaspauer, Niesten, Treppendorf, Weismain, Geuthenreuth, Buchau, Wüstenbuchau, Pöhl, Wüstendorf, Zultenberg, Neudorf, Seubersdorf, Azendorf, Weiden, Ützing, Stublang, Frauendorf und Kaider.

Von den Söhnen der Begründer dieser Linie zu Görau: Arnold Modschiedler und Elisabeth von Görau, findet Hermann I. Modschiedler von Görau, der zu Veilsbronn und Tüchersfeld sitzt, 1348 Erwähnung im berühmten Handlungsbuch der Holzschuher der Reichsstadt Nürnberg[3], und Eberhard I. Modschiedler von Görau wird im „liber possesionum“ (Urbar B) des Bischofs Friedrich I. von Bamberg aus dem Jahre 1348[4], als Burgmann auf Plankenstein geführt[5]. Er residiert ebenfalls in Veilsbronn, d.h. dessen weitere Brüder Albert I. und Otto I. müssen folglich auf Modschiedel gelebt haben.

Vielleicht des Letzteren Enkel Otto II. Modschiedler von Görau, vermählt mit Anna von Haller, ist bischöflicher Amtmann von Hollfeld. Er siegelt am 16. November 1384 beim Verkauf einer Wiese der Giech an das Kloster Michelsberg in Bamberg[6].

Des Hermann I. Modschiedler von Göraus Sohn, Konrad II., der seinen Sitz in Buttenheim hat, verkauft 1363 zwei Höfe zu Siegritz (Landkreis Bamberg) als bambergisches Lehen an den Spitalmeister von St. Katharina zu Bamberg Konrad Guntzen[7]. Etwas entfernt davon in Gösseldorf im schönen Wiesenttal (Landkreis Forchheim) holt sich Hans II. Modschiedler von Görau den Konsens des Bamberger Bischofs ein, da er für seine Ehefrau (laut Biedermann: Els von Wiesenfeld – Ortsteil von Karlstadt am Main) 750 fl. Morgengabe[8] auf drei seiner Güter dort aufnimmt[9]. Diesen Besitz bekommt er schon um 1400 verliehen[10].

In Gösseldorf, einem heutigen Stadtteil von Waischenfeld, gibt Gangolf Modschiedler von Görau 1408 treuhänderisch ein Burggut zu Waischenfeld, vier Seldengüter und einen dazugehörigen Hof dem Bamberger Bischof auf für den unmündigen Eberhard von Königsfeld[11], was folglich Verwandschaft gewesen sein dürfte. Gangolfs Sohn Klaus Modschiedler von Görau eignet Bamberg als Lehensherrn 1412 ebenfalls zwei Höfe zu Gösseldorf[12].

Mit den späteren Lochner von Hüttenbach (vorher zu Weiher bei Hollfeld) sind die Modschiedler von Görau mehrmals verschwägert: Katharina I. Modschiedler von Görau, die die Schwester des o.g. Klaus Modschiedler von Görau zu Gösseldorf sein könnte, ist im Zeitraum 1407 bis 1420 dem Hans IV. Lochner von Weiher angetraut.

Sie haben drei Söhne zusammen und beider Sohn Konrad III. Lochner von Weiher und dessen zweite Frau Barbara von Schlammersdorf sind die Großeltern des späteren Spitzenahnen der bis heute blühenden Barone Lochner von Hüttenbach namens Pankraz (die erste Frau Konrads III. Lochner ist ebenfalls eine Modschiedler).

Dorothea von Schaumberg, die Schwägerin von Konrad III. und Witwe von Michael I. Lochner von Weiher auf Treunitz, wird von Stefan Modschiedler von Görau zu Unterleinleiter in einen Gerichtsprozess verwickelt, der am 3. April 1486 zu ihren Gunsten, und in Abwesenheit des Klägers, vom Richter Hans von Wirsberg des Hochstifts Bamberg entschieden wird[13].

Bereits 1436 entbrennt schon ein Streit zwischen den Modschiedler-Brüdern Hans III. und Hermann IV., die sich Rinold nennen, und offensichtlich den Ehemann ihrer Schwester Martha vor Gericht zerren. Albrecht Lochner von Drossenfeld, ein direkter Vorfahre der späteren Lochner von Palitz in Böhmen, einer Seitenlinie der Lochner von Hüttenbach („rote“ Linien), gewinnt den Prozess, da „zwei unverleumdete Wappengenossen beschworen, dass sein Eid rein sei“ nach dem Urteilsspruch des Eberhard V. Förtsch, des „Markgrafen von Brandenburgs Hauptmann auf dem Gebirg, zu Gericht sitzend am Hofgericht in Kulmbach“. Rechtsvollstrecker sind Marthas Verwandte, Albrecht Modschiedler zu der Behringersmühle (also der Linie Reinsbrunn-Ebermannstadt) und Erhard Modschiedler von Görau[14].

Hier hat man ein schönes Beispiel, dass sich Albrecht Modschiedler nach seinem damals gerade aktuellen Wohnsitz nennt, der andere Modschiedler mit Erhard Modschiedler von Görau siegelt – dies ist als ein klares Statement zu werten, dass sich die Modschiedler als zwei voneinander separierte Zweige betrachten!

Einige fränkische Rittergeschlechter werden im Verlauf der Reformation um 1550, offensichtlich beeindruckt von Martin Luthers Lehren, zu Protestanten; aus diesem Grund müssen viele Geschlechter furchtbares im 30jährigen Krieg erleiden und kurz vor und nach dieser schrecklichen Zeit sterben nicht wenige Familien aus.

Besonders tragisch ist das Schicksal des letzten Modschiedler von Görau:

denn Hans Christoph Modschiedler von Görau ist Protestant. Nun hat einstmals die komplette Sippe der Modschiedler um 1452 eine Fehde mit dem Bamberger Bischof angefangen, die alsbald im Sande verläuft.

Vermutlich hat der Bamberger Bischof 200 Jahre später dieses Aufbegehren nicht vergessen, denn dieser katholische Würdenträger lässt mitten im 30jährigen Krieg dem Protestanten Hans Christoph Modschiedler von Görau seine Macht erbarmungslos spüren. Er entzieht ihm kurzerhand 1625 seine sämtlichen Lehen – und damit die Lebensgrundlage!

Wie könnte es anders sein: diese Person ist niemand anderes, als der mit „Hexenbrenner“ titulierte Johann Georg II. Fuchs von Dornheim! Ein, vor allem von unbändigem Frauenhass getriebener Mensch, in dessen Zeit als Bischof nachweislich 642 Menschen, u.a. der Bamberger Bürgermeister Johannes Junius, der bischöfliche Kanzler, Dr. Georg Haan, oder Christina Morhaubt, die Ehefrau eines weiteren Bürgermeisters, bestialisch exekutiert worden sind[15]. Zwischen 1626 – 1630 wird der gesamte Stadtrat von Bamberg hingerichtet. Das Leid dieser Menschen, die nach schrecklichen Folterungen, auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden – mitten im 30ährigen Krieg – ufern dermaßen aus, dass die Angehörigen sich schließlich 1629 nach Wien an den Reichshofrat wenden, „…es möge doch dem sadistischen Treiben dieses Menschen Einhalt geboten werden“, was 1631 erfolgt[16]!

Am 11.2.1632 wird Bamberg von den Schweden unter der Führung von König Gustav Adolf besetzt und der Mörder so vieler unschuldiger Mensch hat nichts Besseres zu tun als – mit Teilen des Domschatzes (!), man könnte konstatieren:
f e i g e – nach Spital am Pyhrn in Oberösterreich flieht, wo ihn im Alter von 46 Jahren der Schlag trifft, der ihm im Exil den Tod bringt[17].

Wer weiß, wieviele Existenzen dieser Psychopath noch ruiniert hat…!






Zurück zu Hans Christoph Modschiedler von Görau: ein Verwandter verwundet seinen einzigen Sohn Georg Jobst Friedrich Modschiedler von Görau wegen einer Erbstreitigkeit mit 12 Schüssen am 17. Mai 1621 schwer, worauf er am nächsten Tag verstirbt (es ist scheinbar um einen in Besitz verbliebenen Garten in Modschiedel gegangen, den immer der älteste Sohn als Lehen übertragen bekommen hat).

Verständlich, dass dieses irrsinnige Ereignis seinen Vater Hans Christoph völlig aus der Bahn wirft und er so acht Jahre als Bettler durch markgräfliches Gebiet irrt; schließlich findet er endlich die Kraft eine Bittschrift am 15.9.1633 an den Markgrafen zu richten, „er möge ihm doch zur Wiedererlangung seiner Güter“ verhelfen.
Doch darüber ereilt Hans Christoph 1633/1634 der Tod als Letzten seines Geschlechts der
Modschiedler von Görau[18].-

siehe auch:
02 HISTORIE Stiebar von Buttenheim
(das Schicksal des Hans Christoph Stiebar)



Dr. Ruprecht Konrad:
Der Familienverband des Wigger von Langheim-Kunstadt
um 1059/1096 =

Die Vorfahren der FÖRTSCH VON THURNAU
und deren Seitenlinien Stübig/Neidecker, Modschiedler und Fellendorf

*Quelle: siehe Literatur unten

L I T E R A T U R

Johann Gottfried Biedermann:
„Geschlechtsregister der Reichs-Frey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken löblichen Orts Gebürg“, Bamberg 1747, Tafel CCCXXXVIII. – CCCXXXIX.

* Dr. Ruprecht Konrad:
„Das ‚Allodium Wugastesrode‘ (1017) und die urkundliche Überlieferung im Frankenwald:
zur mittelalterlichen Siedlungs- und Herrschaftsgeschichte im östlichen Frankenwald“ –
in: Bericht des Historischen Vereins für die Pflege der Geschichte des ehemaligen Fürstbistums Bamberg, vol. 147 (2011), Seiten 49 – 128

I. Stammbuch des Adels in Deutschland, III. Band, Seite 55, Verlag Josef Manz, 1865:
Modschiedler von Gerau (Görau/Oberfranken), ein altes fränkisches, im Ritterkanton Gepürg begütertes Geschlecht.
(Biedermann, Gepürg Tsb.338-339, Salver 238, 282, Siebmacher 109/13, von Meding III 537) Modschiedler von Reinsburg, irrig: Mondschüetler, Montschüttler und Mudschidler) auch eine fränkische Familie.

II. Adels-Lexikon II von Hellbach:
Modschiedler, Motschidler von Gerau (Görau/Oberfranken), ein altes fränkisches, im Ritterkanton Gepürg begütertes Geschlecht.
(Biedermann, Gepürg Tsb. 338 – 339)

III. Deutsches Adelslexikon, Band VI (S.316) von Ernst Heinrich Kneschke:
Modschiedler zu Gera, Motschidler von Gerau (Görau/Oberfranken),
(im Blau ein goldenes, das Feld ganz überziehendes Kreuz) altes fränkisches Adelsgeschlecht, welches im reichsunmittelbaren Rittercanton Gebürg begütert war. Das Wappen findet sich auch auf Leichensteinen des 1497 verstorbenen würzburgischen Domcapitulars Georg von Guttenberg.
(Biedermann, Gepürg Tsb.338-339, Salver S.2821, Siebmacher I S.109/13: Die Modschidler zu Gera, fränkisch, von Meding III S. 438 und 439)

IV. Die Ortsnamen des ehem. Hochstifts Bamberg von Adam Ziegelhöfer und Dr. Gustav Hey,
S. 2267 B2 277:
Der Name Modschiedler ist vom Ort Modschiedel bei Weißmain in Oberfranken abgeleitet. Der Ortsname Modschiedel (Motschiedel) ist slawischen Ursprungs sowie viele Ortsnamen im östlichen Oberfranken. Tschechisch heißt „Modschiedel“ „mocidlo“, nasser brüchiger Ort, Sumpf – besonders dies Wasser in dem der Flachs bearbeitet, geröstet wird; südd. Rösse, Flachsröste. Das Suffix idlo dient wie adlo zur Bezeichnung eines Gerätes, Werkzeuges, auch Arbeitsortes. Das Grundwort stammt von mok-, moc- = naß, tsch. mokry – naß machen, nässen, naß bearbeiten (Flachs). mociste – nasse Wiese usw., vgl. Mocidlo-, -dlce, -dlky, -dlink, -dlany. Also ein nasser Grund, wo Flachs bearbeitet wird. Böhm. -Mocidle oder Motschiedel, Kärnt.-Mocile.

Quelle: www.modschiedler.de
(Webseite der Modschiedler-Familie aus Erlangen, auf der keine Updates mehr stattfinden)

* * *

UNAUTORISIERTE WEITERGABE
NICHT GESTATTET
Copyright: Stand 10/2023
lochner-archiv@web.de

  1. Wappenbuch des Johann Siebmacher 1, S.109/13 – siehe auch: www.modschiedel.de

  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Görau_(Weismain) –

    Düthorn (2004), S. 4 – 10

  3. Handlungsbuch der Nürnberger Patrizierfamilie Holzschuher, Z1105

  4. https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bamberg,_Hochstift:_Territorium_und_Struktur – Autor: Dieter J. Weiß

  5. Urbar B des Bischofs Friedrich I. von Bamberg, S. 153

  6. StA BA, Kloster Michelsberg, Urkunden Nr. 557

  7. StA BA Bamberger Urkunden, Münchner Abgabe (MA) 1993 Nr. 3225

  8. „Morgengabe“ = eine in Bezug auf die Eheschließung vorgenommene Zuwendung von Geld oder Gütern des Bräutigams an die Braut – in: Deutsches Rechtswörterbuch, Band 9, Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Heidelberg, 1996, Spalte 92 ff.

  9. StA BA B21 Nr. 5/I, fol. 6’

  10. StA BA A221/I Nr. 1/I, fol. 10

  11. StA BA A221/I Nr. 1/I, fol. 56’

  12. StA BA A221/I Nr. 1/I, fol. 72

  13. Staatsarchiv Nürnberg, Rep. 311, Urkunde Nr. 11 vom 3. April 1486 der Lochner von Hüttenbach

  14. Staatsarchiv Nürnberg, Rep. 311, Urkunde Nr. 4 vom 19. Januar 1436 der Lochner von Hüttenbach

  15. Britta Gehm: „Die Hexenverfolgung im Hochstift Bamberg und das Eingreifen des Reichshofrates zu ihrer Beendigung“, S. 268 (= Rechtsgeschichte und Zivilisationsprozeß. Quellen und Studien 3), Hildesheim, Zürich, New York – 2000

  16. Britta Gehm: „Hexen im Hochstift Bamberg“, https://www.zeitenblicke.de/2004/03/gehm/index.html

  17. Ronny Baier: „Dornheim, Johann Georg II. Fuchs Freiherr von“, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL), Band 24, Bautz, Nordhausen, 2005, S. 535 – 541

  18. www.modschiedel.de

Nach oben scrollen