Lochner von Palitz in Böhmen
1274 / ~1445 – ~1700
Diese Linie ist bereits Herrn Janz, dem ersten Archivar von Schloss Hüttenbach in den 1960er Jahren in Ansätzen bekannt – allerdings nur wenige Personen, denn die Urkunden der protestantischen Adeligen im Böhmen der Habsburger sind größtenteils vernichtet worden. Welches Schicksal diese Linie im Laufe der Zeit ereilt hat, ist ebenso im Dunkel der Geschichte verborgen gewesen, und insbesondere der tschechische Name des verwandten Geschlechts der Ratiborsky von Sechzebus hat Rätsel aufgegeben….
Die Linie der Lochner von Palitz ist eindeutig gleichen Ursprungs wie Lochner von Hüttenbach, d.h. sie stammen von den Lochnern ab, die in der unmittelbaren Umgebung von Loch, in dem bei Kulmbach gelegenen Drossenfeld Besitz haben, was wiederum zum Einzugsgebiet der Plassenburg gehört, dem Machtzentrum der Zollern im nördlichen Oberfranken, der Keimzelle des späteren Markgrafentums Bayreuth. So führt die bekannte „Egerer Straße“ (auch Bayreuther Straße) mitten durch Drossenfeld[1].
Und genau hier ist der mutmaßliche Urahn dieser Linie 1399 Burgmann auf der Plassenburg[2]:
Hermann II. Lochner, aus der Linie der Lochner von Drossenfeld (nach 1500 = Lochner von Palitz).
Seine Söhne dürften der um 1400 nach Nürnberg verzogene Eberhard Lochner gewesen sein – Lochner von Nürnberg[3] – und Albrecht Lochner. Er sitzt bereits nicht mehr auf dem Rittersitz in Drossenfeld, den die Brüder um 1412 anfangen stückweise zu verkaufen[4]
Ihre Zukunft sehen beide Brüder nicht mehr in der alten Heimat, denn Nürnberg bietet vielfältige Möglichkeiten seinen Unterhalt zu verdienen, und Albrecht könnte mit Martha die Erbtochter eines Modschiedler-Zweiges geheiratet haben, und deswegen seinen Wohnort nach Weismain und Arnstein verlegt haben; dort hat sie ihm sicherlich Lehen in die Ehe eingebracht (siehe auch: 02 HISTORIE Modschiedler). Sowohl Albrecht, als auch sein Sohn Hermann III. Lochner, sind obendrein in den Genuss eines Anteils aus der Erbschaft der Ebermannstädter Lochner von 1438 gekommen, was die nahe Verwandtschaft der einzelnen Linien um diese Zeit nachhaltig dokumentiert. Vielleicht beeinflusst dies die Entscheidung Hermanns III. zunächst, doch noch einmal in der alten Heimat sesshaft zu bleiben, denn er lebt 1445 zu Weiher und Hollfeld, erwirbt um 1450 Besitz in Alladorf und wird von Markgraf Johann von Brandenburg auf der Plassenburg damit belehnt. Im Stadtarchiv von Eger findet sich dann ein Schuldbrief, der darauf hindeutet, dass er bereits 1445 Beziehungen nach Eger hat[5].
In der nächsten Generation werden Konrad VI. und Georg II. Lochner 1472 in Weiher erwähnt, ein Brüderpaar, die schon 1467 mit Alladorf belehnt werden[6]. Sie müssen sehr jung gewesen sein, als ihr Vater Hermann III. Lochner verstirbt, denn der Großvater Albrecht übernimmt 1453 die Vormundschaft für seine Enkel[7]. Bereits bei der Belehnung mit Alladorf findet sich in der Urkunde folgende Information, dass „…Jorgen Lochner sein Bruder, der nicht bey land ist zu getreuer hand (das lehen) vorzutragen und (…) so Jorg sein Bruder zu land kompt, sol er daz selbst auch empfahen und lehenpflicht thun als sich gepurt“. So hat Georg II. Lochner von Drossenfeld um das Jahr 1477 also die endgültige Entscheidung getroffen die fränkische Heimat zu verlassen, um sich in Böhmen eine neue Existenz aufzubauen, wie das viele angehende niederadelige Geschlechter aus Franken, Sachsen, dem Vogtland und Österreich tun. Zu diesem Zeitpunkt ist außerdem der Rückkauf der Güter in Alladorf verzeichnet (Lehensrevers vom 1.10.1477) durch Hans von Königsfeld – Bürge und Siegler dafür ist Heinrich V. Lochner von Waischenfeld.
Genau dies ist der Auflistung der Agnaten in der Leichenpredigt[8] seiner lutherischen Ururenkelin Elisabeth Lochner von Palitz (25.7.1588 – 19.3.1658) zu entnehmen, die mit ihrem Urahnen namens Georg Lochner beginnt, der offensichtlich eben nach 1475 von Weiher bei Hollfeld nach Böhmen auswandert und sich eine Frau aus der Adelsfamilie von der Planitz nimmt, die im Vogtland umfangreiche Güter ihr Eigen nennen.
In der nächsten Generation findet sich dessen Sohn Fritz II. Lochner, der noch Beziehungen zu Franken hat, und 1498 das Rittergut Palitz (Palic) bei Eger erwirbt, sowie 1509 Schönficht (Smrkovec) im Kaiserwald, nicht weit davon entfernt. Mit seiner Frau Margaretha Cramer von Pograth aus der Reichsstadt Eger, deren Familie bereits um 1440 den halben Anteil am Gut Palitz hält (sicherlich konnte Fritz II. Lochner sämtliche Erbteile ihrer Geschwister erstehen), haben sie die Söhne Johann Friedrich I. (1527 – 1559) und Wolf Adam (? – 19.1.1585) – sowie die Tochter Walburga. Als der Ältere der Söhne 1559 stirbt, sind dessen drei Söhne noch jung: als Vormund wird der Bruder der Großmutter, Caspar I. Cramer von Pograth (*1485 – ?), für Hans Georg, Georg Florian und Kaspar Bernhard noch im gleichen Jahr bestimmt. Ein weiterer Bruder der Großmutter, namens Andreas Cramer und dessen beide Söhne Erasmus und Caspar II. Cramer von Pograth, erhalten am 17. April 1541 in Wien eine Adelsbestätigung.
Das Gut Pograth bei Eger geht bis 1623 auf dem Erbwege an ein weibliches Mitglied des Geschlechts: Barbara Cramer von Pograth (1548 – >1599), vermählt sich am 8. September 1567 mit dem Egerer Patrizier Franz IV. Juncker von Oberkunreuth. Sie sind katholisch, obwohl bis zu diesem Zeitpunkt Eger protestantisch ist. Von ihren neun Kinder führen die nachfolgenden Söhne ein brisantes Leben: Paul Juncker von Oberkunreuth (16.2.1571 – 1659), ist Bürgermeister von Eger und Obristleutnant in Wallensteins Heer im 30jährigen Krieg. 1634, während seiner Amtsführung, wird Wallenstein in Eger im pachelbel-junckerschen Stadthaus ermordet. 1637 – 1659, nach Aussterben der Cramer in Eger, bewohnt er Schloss Pograth. Sein Schwager, Wolfgang Pachelbel von Gehag (30.9.1545 – 3.4.1620), ist mit seiner Schwester Ursula (17.8.1568 – ?) seit 10. Januar 1592 liiert, und da sie Protestanten sind, emigrieren sie 1629 nach Wunsiedel (heute Oberfranken).
Sein Bruder, Johann Juncker von Oberkunreuth (17.7.1583 – 1637), betätigt sich als Rittmeister im Arnheim‘schen Corps in Wallensteins Heer. Er lässt sich 1631 auf Bredinken in Ostpreußen nieder (heute: Bredynki in Polen) und ist Stammvater der drei norddeutschen preußischen Linien seines Geschlechts.
Caspar I. Cramer von Pograth wird zum Ahnherrn der Cramer von Clausbruch (ab 1571), die nochmals 1629 nobilitiert werden, und u.a. als Großkaufleute und Fernhändler agieren und zu beträchtlichem Reichtum und Ansehen gelangen – deren Nachfahren sind bis heute existent (siehe Anhang: Stammbaum der Cramer von Pograth / Cramer von Clausbruch).-
Wallenstein als Feldherr – Ölgemälde von Ernest Crofts, 1884 -gemeinfrei–
Foto: Bridgeman Art Library
Wie schon in der Rubrik „Lochner in Franken vor 1300“ berichtet, liegen von Fritz II. Lochner zahlreiche Urkunden vor, so ist er 1512 und 1513 Hauptmann des Klosters Waldsassen[9], wo er sich noch „Lochner von Loch“ schreibt, dann jedoch 1514, als Pfleger zu Waldershof bei Tirschenreuth in der Oberpfalz, taucht in den Urkunden LOCHNER VON PALITZ[10] zum ersten Mal auf (von seinem Enkel Kaspar Bernhard gibt es zahlreiche Urkunden im Stadtarchiv Eger: er muss ein „Streithansel“ par excellence gewesen sein[11] – Urkunden dazu spezifiziert auf 04 LVP URKUNDEN)[12].
Burg Loket – Elbogen an der Elbe – in Tschechien
Foto von Lubor Ferenc – eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32630275
Während sich die Lochner von Palitz bald im Raum Elbogen an der Elbe (Loket) bei Karlsbad etablieren, wo eine imposante Burg die Stadt krönt (siehe oben), und das Inkolat 1615 als zugehörig zum böhmischen Adel erlangen[13], bringt der 30jährige Krieg schreckliche Einschnitte, denn – wie die meisten böhmischen Adeligen – sind die Lochner von Palitz Protestanten und nach der Schlacht am Weißen Berg 1620 bei Prag, aus dem die katholische Liga und damit die Habsburger siegreich hervorgehen, sehen sich die Palitzer mit dem Einzug ihrer Güter konfrontiert. Die Habsburger rächen sich in finsterer, mittelalterlicher Manier an ihren Feinden, den aufständischen Protestanten. Die oben erwähnte Elisabeth Lochner von Palitz emigriert mit ihrem Mann Nikolaus Wolf Ratiborsky von Sechzebus, aus einem alten tschechischen Vladykengeschlecht, und 11 kleinen Kindern um 1630 nach Unterkotzau bei Hof, wo ihr Mann bald stirbt[14]. In ihrer Ahnentafel von 1588 sind weitere tschechische Adelsfamilien verzeichnet, wie die Sekerk von Sedcic (Sedschitz) oder die Harant von Korschan. Ihr Onkel Jareslaw Hoffmann von Münchhof tut es ihr als Protestant gleich und kauft das Rittergut Konradsreuth bei Hof (1638 – ~1646) im Markgrafentum Bayreuth – vielleicht um seine Nichte zu unterstützen nach dem Tod ihres Mannes mitten im 30jährigen Krieg (https://de.wikipedia.org/wiki/Konradsreuth).
Dies geschieht nach dem Rekatholisierungspatent des Kaisers Ferdinand II. von 1627, in dem die protestantischen böhmischen Adeligen aufgefordert sind, entweder zu konvertieren oder zu emigrieren. Viele verlassen daraufhin das Land in Richtung Kurfürstentum Sachsen, dessen Kurfürst Johann Georg I., von Haus aus streng lutherisch ist, und so entstehen für die böhmischen Exulanten planmäßige Stadtgründungen: Johanngeorgenstadt[15] (1654), Neusalza (1670) oder Ernstthal (1680).
Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen
5.3.1585 – 8.10.1656
In dieser ersten Welle muss Elisabeths Bruder, Wolf Christoph Lochner von Palitz, Böhmen ebenfalls zwischen 1620 und 1628 den Rücken gekehrt haben, denn seine Güter in Münchhof und Imligkau werden eingezogen. Allerdings kommt es im Jahr 1631 zu einem kurzen Aufflammen der Hoffnung für die Protestanten. Die Sachsen sind seit 1630 Verbündete der Schweden, die nach dem Sieg über die katholischen Kaisertruppen in der Schlacht bei Breitenfeld unter ihrem Kommandanten Johann Georg von Arnim tiefer ins Königreich Böhmen vordringen, um Winterquartiere zu finden. Dies entfacht in vielen böhmischen Exulanten eine Sicherheit, die sich bald als trügerisch herausstellen wird (Rückkehr auf ihre alten Ländereien in Böhmen) – als Arnim im November 1631 Nordböhmen erreicht und am 15. November bereits in Prag eintrifft. Dort lässt Arnim zunächst einmal die skelettierten Köpfe der protestantischen Adeligen („die Rädelsführer“ des Kaisers) abnehmen, die nach der Schlacht am Weißen Berg 1620, grausam ermordet worden sind, bekannt als Prager Blutgericht vom 21. Juni 1621, allen voran Graf Joachim von Schlick (dessen Mutter ist eine Enkelin von Margarethe Lochner von Liebenfels: Anna Maria Ungnad von Weissenwolff[16]) oder, stellvertretend als Beispiel, jemand, wie den über 80jährigen (!) Adeligen Kaspar Kaplir ze Sulevic (siehe unten – seine Nachfahren leben aktuell in der Nähe von Rothenburg ob der Tauber[17]).
Dieses „Prager Blutgericht“ gilt den Tschechen heute noch als das traumatischste Ereignis ihrer Geschichte![18]
Wolf Christoph Lochner von Palitz kehrt daraufhin 1631 auf seine Besitzungen zurück, wie seine entfernte Verwandte Sabina Lochner von Palitz, deren Mann eventuell in der Schlacht am Weißen Berg gefallen ist. Beide haben sich nachweislich in Sachsen aufgehalten. Doch dieser Sachseneinfall bleibt eine kurze Episode von insgesamt 166 Tagen, so dass die katholischen Truppen unter Wallenstein die Sachsen wieder aus dem Land treiben.
Nun macht der Kaiser endgültig ernst und verurteilt die böhmischen Adeligen, die sich ihren Besitz erneut – in den kaiserlichen Augen widerrechtlich – an sich genommen haben, zu erheblichen Strafen. Daraufhin emigriert Sabina Lochner von Palitz, geborene Gfeller von Sachsengrün (Kfelir ze Zaksova), wie die meisten protestantischen Exulanten, erneut nach Sachsen (ihre Lebensbeschreibung: siehe 02 HISTORIE Gfeller von Sachsengrün)[19]. Ihr restliches Geschlecht wird katholisch und lebt heute noch im Lande als tschechische Staatsbürger – Daniel Kfelir, Anfang 20, ist dort angehender Opernsänger.
Wolf Christoph, ehemals Richter in Elbogen an der Elbe (Loket), wie sein Vater Georg Florian, muss sich die Konfiskation aller seiner Güter Luck (Luka) und Klein-Werscheditz (Verusicky), etwa 30 km von Karlsbad entfernt, und Münchhof (Mirova) bei Chodau (Chodov)[20] 1633 gefallen lassen, da er nachweislich 1631 die Sachsen unterstützt. Ein Günstling des Kaisers – der Generalfeldmarschall Alexander von Boren (Alexander Borri) – wird von diesem mit des Lochners ehemaligem Ansitz Münchhof beschenkt.
Sein entfernter Vetter Johann Friedrich II. Lochner von Palitz auf Dallwitz (Ortsteil von Karlsbad/Karlovy Vary), der um 1618 das Gut Pauten (Poutnov) bei Kloster Tepl (südlich von Karlsbad/Karlovy Vary) besitzt, und als Lutheraner den „Winterkönig“ Friedrich V. von der Pfalz (Haus Wittelsbach) unterstützt hat, „darf“ – nach erfolgter Rekatholisierung – 2/3 von Pauten für die völlig überhöhte Summe von 1700 Kopeken zurückkaufen![21] Wolf Christophs Sohn, Hans Heinrich Lochner von Palitz, ist offiziell von 1620 bis zu dessen Tod im Jahre 1650, Besitzer der beiden Güter Luck und Klein-Werscheditz (dazu gehören noch: Albeřice/Alberitz, Radošov/Röschwitz, Tis u Luk/Tiß und Hřivínov/Mokowitz), zusammen mit seiner Ehefrau Anna Barbara, verwitwete Pröllhofer von Purkersdorf, eine geborene von Steinbach[22]. Das kommt nicht von ungefähr, denn deren Bruder, Jaroslaw Freiherr von Steinbach, hat 1633 – sicher auf Bitten seiner Schwester – rechtzeitig diese Güter aus der beschlagnahmten Konfiskationsmasse ihres Schwiegervaters, des Lutheraners Wolf Christoph Lochner von Palitz (stirbt kurz danach: 1635), erstehen können, einstmals Familienbesitz der von Steinbach, seit Anfang des 16. Jahrhunderts, der erst um 1588 an das Geschlecht der Pröllhofer verkauft worden ist.
Jaroslaw von Steinbach konvertiert selbst erst 1628 zum Katholizismus (er wird dafür sofort mit einem Adelstitel belohnt; sein Sohn Jaroslaw Ernst wird 1676 sogar in den Grafenstand erhoben als „Kager von Steinbach“). Er ist der Sohn des ehemaligen protestantischen Gouverneurs des Saazer Kreises (Žatec) um 1616, Wenzel von Steinbach. Diesem wird sein riesiger Besitz: Stadt und Burg Waltsch (Valeč), neun Dörfer und drei Festungen, Skytal, Girschen, Linz (= Mlýnce, heute alles Ortsteile der Stadt Vroutek (Rudig) im Bezirk Laun/Louny im Norden Böhmens) 1622 vollständig beschlagnahmt wegen seiner Teilnahme am „Ständeaufstand“ gegen die Habsburger. Nur dank der Tatsache, dass seine Frau Barbara von Maleschitz, die seit ihrer Jugend katholisch ist, und der Fürsprache eines hohen böhmisch-katholischen Beamten, kann sie 1623 alles zurück erwerben und residiert auf Waltsch. Wenzel von Steinbach selbst rettet gerade noch sein Leben und sucht Zuflucht im Kurfürstentum Sachsen; ihn begleiten sein ältester Sohn Georg und seine Tochter Rosina, die ihrem Vater, der als 90jähriger 1658 in Annaberg(-Buchholz) sein Leben beendet, beistehen wird. Georg von Steinbach geht – wie sein Bruder Jaroslaw – den Schritt erst 1638 zurück, als seine Mutter das Zeitliche segnet, und die Brüder das Erbe unter sich aufteilen. Noch in Sachsen lernt er wahrscheinlich um 1633 die verwitwete Eva Lochner von Palitz aus Strojetitz in der Nähe von Waltsch kennen, die er 1642 zur Frau nimmt (sein Sterbedatum ist der 3. September 1650). Als „arme Witwe“ hat sie 1637 aus dem Exil in Dresden einen Brief an den Kaiser verfasst und um Unterstützung für sich und ihre vier Enkelinnen gebeten. Vielleicht ist diese späte „Versorgungsehe“ deshalb zustande gekommen, weil Eva Lochner von Palitz mit einem unbekannten Bruder von Wolf Christoph und Elisabeth Lochner von Palitz einst vermählt gewesen ist, denn Strojetitz liegt sowohl unweit von Waltsch, als auch von Luck und Klein-Werscheditz.
Wie beschrieben, gelangen die einstigen Steinbach’schen Herrschaften Luck und Klein-Werscheditz auf dem Erbwege an Wolf Christophs Ehefrau, Anna Katharina von Steinsdorf, verwitwete Pröllhofer von Purkersdorf, die sie 1615 mit in die zweite Ehe einbringt. Das Rittergut seiner Vorfahren, Palitz bei Eger, verkauft Wolf Christoph bereits 1622[23]. Nach seinem Sohn, Hans Heinrich Lochner von Palitz, heiratet seine Enkelin Anna Barbara in den böhmischen Hochadel der Grafen von Kolowrat-Liebsteinsky, wofür die Lochner von Liebenfels einstmals den Weg geebnet haben dürften. 1652 übernimmt deren katholischer Ehemann Wolfgang Graf von Kolowrat-Liebsteinsky (3. Zweig nach Jaroslav IV. von Kolowrat-Liebsteinsky) die lochnerischen Güter Luck und Klein-Werscheditz[24]. Bei der Erhebung zum Fortschritt der Rekatholisierung im Königreich Böhmen um 1651 in allen Bezirken des Landes gibt die Mutter von Anna Barbara für ihre Besitzungen Luck und Klein-Werscheditz ihre eigene Tochter als „Waise und Tochter einer gewissen Prillhoferin, genannt von Burckersdorff, 18 Jahre und leibliche Tochter“ an, die dort „geduldet seien“, was sogar um diese Zeit noch die Angst zeigt, der Name des einstmals stark der lutherischen Sache verhaftete Großvater, Wolf Christoph Lochner von Palitz, könne durchscheinen, was die Veranlassung zu dieser verzweifelten „Notlüge“ gewesen sein mag – möglicherweise hat sie die Heirat ihrer Tochter sonst gefährdet gesehen.-
Schloss Pettendorf in der Oberpfalz
Der letzte männliche Nachkomme seines Geschlechts, Adam Lochner von Palitz, wahrscheinlich der Sohn von Johann Friedrich II. Lochner auf Dallwitz – siehe oben – heiratet 1662 Maria Magdalena Lochner von Hüttenbach auf Winterstein, und sie leben auf Schloss Pettendorf (heute Stadt Neunburg vorm Wald in der Oberpfalz – siehe 03A LVH HISTORIE). Seinen Erbteil nach dem endgültigen Verkauf von Winterstein über 9.367 fl. rh. steckt er großspurig in die Ankäufe mehrerer Güter in der Oberpfalz, doch da dieser Landstrich zu Bayern gehört, sind alle Protestanten im Zuge der Gegenreformation gezwungen bis 1662 das Land zu verlassen. Seine fünf Töchter erklären 1691 „einander nicht auszahlen zu können“ und bitten die Regierung der Oberpfalz die „Landsasserei Thann bei Hillstett“ (Oberpfalz) für 6.226 fl. an Wilhelm Ludwig Rummel verkaufen zu dürfen, was 1692 ratifiziert wurde.
Kurz nach 1700 stirbt die Palitzer Linie endgültig aus
(laut Staatsarchiv Amberg in der Oberpfalz)
siehe auch 03B LVH HISTORIE
Sämtliche Fotos auf 03 LVP HISTORIE –
mit freundlicher Genehmigung von Hartmut Wesser, Thüngersheim
Wappen der Lochner von Palitz – am Anfang: handgemalt aus einem Wappenbuch des 18. Jahrhunderts
Wappen – siehe oben rechts: von Steinbach – www.historie.hranet.cz –
Wappen – siehe oben rechts: Pröllhofer von Purkersdorf – Siebmacher Böhmischer Adel – Tafel 113 s/w
Anmerkung:
Prof. Dr. Vaclav Buzek von der tschechischen Universität Budweis führt tatsächlich in seinem Artikel „Die Ungnads von Sonnegg – der lutherische Adel in der Habsburger-Monarchie um die Mitte des 16. Jahrhunderts“ (erschienen in „ROCNIK“ – OPERA HISTORICA, Journal of Early Modern History, Nr. 18 aus dem Jahr 2017) aus:
Andreas I. Ungnad von Weissenwolff, dem Bruder von Hans III. Ungnad (siehe auch: 03 HISTORIE Ungnad von Weissenwolff), wird Besitz im Königreich Böhmen verliehen, und eine seiner Töchter unbekannten Namens ist am 25. Mai 1555 mit Graf Jaroslav V. von Kolowrat-Liebsteinsky (Jaroslav „starsi“)* vermählt worden, der 1570 Landvogt der Niederlausitz wird. Die Mutter der beiden Ungnad-Brüder ist Margarethe Lochner von Liebenfels.
In der Literatur wird diese Tochter ansonsten nicht erwähnt, denn als dessen erste Ehefrau gilt stets Zikuna von Guttenstein. Wahrscheinlich ist die Ungnad-Tochter bereits bei der Geburt des ersten Kindes im Kindbett verstorben. Der Bruder von Graf Jaroslav V. von Kolowrat-Liebsteinsky – Albrecht VI. – ehelicht am 23. Oktober 1549 Benigna Regina Welser, deren Schwester Philippine Welser, den Sohn von Kaiser Ferdinand I. und Anna Jagiello, Ferdinand II. (Landesfürst von Tirol) heimlich heiratet (Bruder Kaiser Maximilians II.), was im Haus Habsburg verschleiert wird, da sie unter seinem Stand ist (siehe auch: 03 LVW / LVL HISTORIE). Die Patrizierfamilie der Welser aus Augsburg, die neben den Fuggern als Finanziers der Habsburger auftreten, wird 1532 in den Reichsadels- und 1567 in den Freiherrenstand erhoben…
*Auszug aus dem Stammbaum der Kolowrat – Quelle – http://w.genealogy.euweb.cz/kolowrat/kolowrat2.html:
A5. [2m.] Jaroslav „starší“, císařský rada, hejtman žateckého kraje 1560, fl 1549, +12.6.1595, bur Petrohrad;
1m = wife: Zikuna z Gutštejna (+1593); 2m (wife): 26.4.1593 Grizelda z Lobkowicz (+1604).
* * *
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Copyright: Stand 10/2023
lochner-archiv@web.de
A N H A N G
STAMMBAUM:
Cramer von Pograth – Cramer von Clausbruch
STAMMBAUM:
Hoffmann von Münchhof
Anmerkungen:
1685: freieigenes Rittergut Unterweilersbach bei Forchheim in Franken – Eigentümerin Susanna Barbara Steger von Ladendorf, geb. Hoffmann von Münchhof aus Böhmen (StA BA A226 Nr. 9125) –
1686: ihr Sohn aus 2. Ehe, Johann Christoph von Wolffersdorff, gibt das freieigene Rittergut an den Bischof von Bamberg, Marquard Schenk von Stauffenberg (Lehenrevers unter StA BA A205/VI L. 843 Nr. 12334 – Erlöschen der von Wolffersdorff auf Unterweilersbach 1710, sonst blühend) –
>1693: Rechtsstreit beim Wiener kaiserlichen Reichshofrat wegen ausstehender Summe von 778 Gulden zwischen Barbara Susanna Steger von Ladendorf und dem Händler Johann Christoph Gülden. Dieser Gläubiger verlangt, dass das Rittergut Unterweilersbach öffentlich versteigert wird. Ausgang des Rechtsstreits unbekannt (e-Archiv des Herzogtums Liechtenstein: LI GA S U44/38).
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Martin Riedelbauch: „Schloß und Rittergut Drossenfeld“ (= Neudrossenfeld, Kreis Kulmbach), u.a. aus Archiv für Geschichte von Oberfranken, 53. Band, Historischer Verein für Oberfranken, Bayreuth, 1973, S. 6 ↑
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Plassenburg – Burggräfliches Lehenbuch II, 48 ↑
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Namensregister zu den Bürgerbüchern in den Amts- und Standbüchern der Stadt Nürnberg Nr. 274-277 von 1335 – 1448, hier: Eberhard Lochner 1409, Standbuch-Nr. 298 ↑
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Plassenburg – Burggräfliches Lehenbuch II, 50, 64 ↑
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Stadtarchiv Eger (heute Cheb), Urkunde Nr. A3139 ↑
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StA BA A175, Lade 682, Nr. 1891 – Revers vom 28.1.1467 – Rückkauf 1477: StA BA A175, Lade 645, Nr. 422 ↑
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Maximilian Lochner von Hüttenbach – Linie Elten, Nachlass, keine Urkunden bekannt ↑
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Leichenpredigt der Elisabeth Lochner von Palitz, verheiratete Ratiborsky von Sechzebus –
nach einem freundlichen Hinweis von Michael Häckel (Nachfahre der Ratiborsky von Sechzebus) ↑ -
StA AM, Kloster Waldsassen Urkunde 1049 vom 26.1.1512 ↑
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StA AM, Kloster Waldsassen Urkunde 1076 vom 23. 2.1514 ↑
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Stadtarchiv Eger, Urkunden A3146 – A3169 von 1573 – 1628 ↑
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Stadtarchiv Eger, Urkunden A3139 – A3144 von 1445 – 1590 ↑
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Inkolat 1615: Böhmischer Adel bei Siebmacher, Tafel 137, Seite 287 ↑
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„Exulanti.genebaze.cz – Puvod ceskych exulanti = Origin of Czech emigrants“ ↑
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Johann Ch. Engelschall: „Beschreibung der Exulanten- und Bergstadt Johanngeorgenstadt“, 1723, S. 94 ↑
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siehe: 01 STAMMBAUM Ungnad von Weissenwolff (Auszug) ↑
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siehe im Anhang: Literatur-Hinweis zu den Kaplirz zu Sulewicz ↑
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Dr. Oldrich Kortus: „Die Sachsen in Böhmen 1631-1632“, Prag, 2007 – in tschechischer Sprache ↑
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Sie verkauft ihre Güter zu Teschau (Tesov) und Schönficht (Smrkovec) zusammen mit Wolf Christoph Lochner von Palitz, als Vormund ihrer drei Töchter, 1625 für 10.000 fl. an Johann Reinhard von Metternich, einem Neffen des damaligen Kurfürsten und Bischofs von Trier –
Heinrich Otokar Miltner / Josef Neumann (Verein für Numismatik zu Prag – Hrsg): „Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen und Medaillen“ – erschienen im Verlag des Vereins, Prag, 1852, S. 343 ↑ -
Edelsitz Münchhof (Mirova) bei Chodau (Chodov): 1633 Besitz des Wolf Christof Lochner von Palitz (Mutter: Brigitte Hoffmann von Münchhof);
Münchhof bei Chodau gehört im 15.— 16. Jahrhundert der Familie Hoffmann – böhmischer Adelsstand seit 1580 –
der Münchhof, den die Grafen Schlick hatten und der sich 1489 unter dem Anteil des Kaspar Schlick befand, liegt bei Schlackenwerth –
Dr. Rudolf Schreiber: „Das Elbogener Urbar der Grafen Schlick von 1525“, Prag, 1934, Seiten 22, 41, 55; und
Dr. Rudolf Schreiber: „Das Lehenbuch des Elbogener Hauptmannes Albrecht von Globen“ (UE 40, S. 5) ↑ -
Anton Gnirs: „Topografie der historischen und kunstgeschichtlichen Denkmale in den Bezirken Tepl und Marienbad“,
Dr. Benno Filser Verlag GmbH., Augsburg, 1932, S. 213 ↑ -
Jakub Mirka, Staatliches Bezirksarchiv Pilsen, Tschechien – Magisterarbeit 2016 in tschechischer Sprache:
Friedrich Bernau: „Studien und Materialien – Spezialgeschichte und Heimatkunde des deutschen Sprachgebiets in Böhmen und Mähren“, Band 2, Verlag J.G. Calve, Prag, 1903 – S. 642
Velkostatek Luka – Verušičky – Die Rittergüter (Großgrundbesitz) Luck und Klein-Werscheditz (17. – 19. Jahrhundert)“ – Adelsgeschlecht von Steinbach (Stampach z Stampachu) http://www.historie.hranet.cz/heraldika/pdf/bernau1903slechta.pdf – https://www-zamekluzec-cz/stampachove-ze-stampachu – Eva Lochner von Palitz: Sammlung Bergmann, Band 2, Seite 494 im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden: 10024 Geheimer Rat. 4. Buch „Einnehmung derjenigen, so aus Böhmen und den anderen Orten weichen mußten“, 1634 – 1650, Loc. 10332/2, fol. 57, 86, 245 – Rückkauf von Luck und Kleinwerscheditz 1631 durch Jaroslaw von Steinbach: -
Stadtarchiv Eger: Urkunde A3168 – nachdem sein Onkel Kaspar Bernhard Lochner von Palitz bereits verhandelt hat, verkauft er es an Gerhard Schwoll von Falkenberg (Wolf Christoph Lochner hatte seinem Onkel seinen Anteil an Palitz 1616 verpfändet). ↑
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über Schloss Luck/Luka: www.pamatkyaprirodakarlovarska.cz/luka-zamek –
über Schloss Klein-Werscheditz/Verusicky: www.pamatkyaprirodakarlovarska.cz/verusicky-zamek und www.hrady.cz/zamek-luka-verusicky und
auf youtube.com: Schloss Luka u Versuicek – Video
– https://www.nacr.cz/wp-content/uploads/2019/02/Zatecko_cele_H_zamceno.pdfvary.rozhlas.cz: „Nach mehr als 70 Jahren beginnt die Rettung von Schloss Luck im Bezirk Karlsbad durch einen Mann gleichen Namens: Lubos Luka“ ↑